Neue Technologien für Medien und Redaktionen
Digitale Wetterprognosen auf Berndeutsch oder bewegte Bilder in der Zeitung? Mit solchen Anwendungen kann Medientechnologie zum Journalismus der Zukunft beitragen. Das Media Technology Center der ETH Zürich unterstützt Medienunternehmen auf dem Weg in die Zukunft.
In einer magischen Welt wie derjenigen des Zauberlehrlings Harry Potter ist vieles m?glich: Zum Beispiel gibt es da den ?Tagespropheten?. In dieser Zeitung für Hexen und Zauberer k?nnen sich die abgebildeten Figuren wie im echten Leben bewegen.
Das liegt in der realen Welt natürlich nicht drin. Moderne Medientechnologie jedoch kommt dem sehr nahe: Im Media Technology Center (MTC) der ETH Zürich zum Beispiel arbeiten Studierende und Forschende an einem solchen ?smart paper?: Wer diese Zeitung mit Smartphone, Tablet oder einer besonderen Brille, einer sog. Hololens, liest, sieht tats?chlich wie Harry Potter, wie sich Figuren auf den Seiten bewegen.
Noch steckt dieses Projekt in den Anf?ngen, andere Projekte des MTC hingegen sind schon weit gediehen: Zum Beispiel eine schweizerdeutsche Stimme für sogenannte Sprachassistenten. Solche sprechenden, intelligenten Assistenten – man denke etwa an Siri –kennt man heute vom Smartphones, bei Fitness-Apps etwa oder von Verkehrsprognosen.
Lokales Wetter automatisch auf Mundart
In Zukunft dürften solche Sprachassistenten in unserem Leben weiter an Bedeutung gewinnen. Der medientechnologische Trend weist jedenfalls dahin, dass man künftig Medieninhalte wie Filme, Radionachrichten oder Texte weniger per Hand, also durch Klicken, Tippen oder Streichen startet, sondern viel h?ufiger durch Sprechen abruft. ?Keiner der heutigen Assistenten spricht oder versteht jedoch die Dialekte der Schweiz, was die Kommunikation mit ihnen für Schweizerinnen und Schweizer etwas unnatürlich macht?, sagt Severin Klingler, der Gesch?ftsführer des MTC.
In einem der ersten Projekte entwickelt das MTC den ersten Sprachassistenten, der verschiedene schweizerdeutsche Dialekte spricht. 2019 haben die Forschenden den ersten Prototyp gebaut, der fliessend ?B?rndütsch? spricht. Seither wird die Anwendung auf weitere Dialekte ausgedehnt.
Typisch für dieses Projekt ist, dass die Forschenden des MTC den Schweizerdeutsch-Assistenten mit einem Schweizer Medienunternehmen entwickeln. In diesem Fall ist das Schweizer Radio und Fernsehen (SRF) der Partner. Sowohl bei Radio, Fernsehen und Online ver?ffentlicht SRF viele Inhalte auf Schweizerdeutsch. Technologien, die Hochdeutsch auf Schweizerdeutsch übersetzen oder die lokalen Nachrichten und Wetterprognosen von Bern im Dialekt aussprechen k?nnen, w?ren zugleich sehr praktisch und verleihen den automatisch gesprochenen Texten eine regionale Authentizit?t. An dieser Stelle setzt das computerwissenschaftliche Know-how der ETH-Forschenden an.
Unterstützung für die digitale Transformation
Im Fokus des MTC stehen Forschungs- und Entwicklungsprojekte, die in ein bis zwei Jahren umsetzbar sind, und die einen praktischen Nutzen für Redaktionen und Medienunternehmen haben. Dazu geh?ren ausdrücklich Projekte, die Medienunternehmen in der digitalen Transformation unterstützen und neue Anwendungen für digitales Arbeiten im Journalismus vorantreiben. Dabei deckt das MTC ein breites Themenspektrum der Medientechnologie ab: Das beginnt bei der Art und Weise, wie man Inhalte erstellt und erfasst, und geht weiter mit Technologien der Produktion verschiedener Medienformate, oder neuen Methoden, wie man Inhalte digital zu den Usern bringt, oder den personalisierten Medienkonsum erm?glicht.
Das Media Technology Center ist ein Teil der umfassenderen ETH-Medientechnologie-Initiative. Es wurde 2019 gemeinsam mit Partnern der Medienindustrie gegründet. ?Wir wollen den projekt- und anwendungsorientierten Austausch zwischen Forschenden, Studierenden und Fachleuten aus der Branche f?rdern?, sagt sein Gesch?ftsführer Severin Klingler. Unterstützt wird es unter anderem von den Medienunternehmen Ringier, TX Group (vormals: Tamedia), SRG SSR, NZZ, Verband Schweizer Medien und der ETH Zürich Foundation. Wissenschaftlicher Leiter des Centers ist ETH-Informatikprofessor Markus Gross, zusammen mit Experten aus Industrie und Wissenschaft.
Offen für Projektideen der Medien
?Wir sind offen für alle Projektideen von Medienunternehmen und Redaktionen?, sagt Severin Klingler, ?wir freuen uns, die Herausforderungen der Medientechnologie gemeinsam mit Partnern aus der Medienbranche anzugehen, und hoffen, dass wir damit zur Zukunft des Journalismus in der Schweiz beitragen k?nnen.?
Im M?rz 2019 hat das MTC seine Arbeit aufgenommen: Neben ersten Projekten, zahlreichen Arbeiten von Studierenden- und Doktorierenden organisierte das Center im Herbst 2019 auch eine Vorlesungsreihe über Digitalisierung der Medien und Automatisierung im Journalismus. Insgesamt arbeiten acht Forschende im MTC, unterstützt von Studierenden und Doktorierenden, in den Bereichen Computervision, Computergrafik, Verarbeitung natürlicher Sprache, Empfehlungssysteme, Benutzermodellierung und maschinelles Lernen.
Neben der Gründung des MTC hat die ETH Zürich im Rahmen der Medientechnologie-Initiative im Dezember auch Ryan Cotterell zum Professor ernannt. Cotterell forscht im Gebiet der menschlichen Sprachen und verbindet linguistische Ans?tze mit automatisierter Sprachverarbeitung und künstlicher Intelligenz. Seit Februar 2020 arbeitet er am Departement Informatik in Zürich.
Kontakt für Medienpartner
Ansprechperson für Medienunternehmen mit Projektideen ist:
Severin Klingler, Gesch?ftsführer Media Technolog Center (MTC)
Stampfenbachstrasse 48
8092 Zürich
+41 44 632 69 96
mtc.ethz.ch
Wer sich generell dafür interessiert, wie die ETH Zürich Firmen unterstützt, die Forschungspartner aus der Wissenschaft suchen, und welche Services sie für kleine und mittlere Unternehmen anbietet, finden alle relevante Information unter ETH Zürich Industry Relations.