Im Kreis von Nobelpreisträgern

G?be es einen Nobelpreis f¨¹r Leidenschaft in der Forschung, w¨¹rde Thomas Gianetti ganz sicher zu den Preistr?gern geh?ren. Denn wenn Gianetti, der als Post-Doc in der Gruppe von Hansj?rg Gr¨¹tzmacher am ETH-Laboratorium f¨¹r Anorganische Chemie arbeitet, ¨¹ber Wissenschaft spricht, ziert ein breites L?cheln sein Gesicht und seine Augen leuchten vor Ideen. Er hat sich der Aufgabe verschrieben, die Erde zu retten, oder zumindest zum wissenschaftlichen Fortschritt im Bereich der ?gr¨¹nen Chemie? beizutragen. Gianetti, der sich mit dem sch?dlichen, die Ozonschicht zerst?renden Treibhausgas Distickstoffmonoxid ¨C umgangssprachlich: Lachgas ¨C (N₂O) besch?ftigt, will mit seiner Arbeit Anwendungen entwickeln, bei denen N₂O nicht als Umweltrisiko, sondern als ?Saubermann? zum Einsatz kommt.

Im Vergleich zu CO₂ und Methan mag N₂O als kleines Problem erscheinen. Laut Gianetti ist es aber rund dreihundertmal sch?dlicher als andere Treibhausgase. N₂O kommt in der Natur vor. In den letzten 40 Jahren wurde die Landwirtschaft intensiviert, um den Nahrungsmittelbedarf der stetig wachsenden Weltbev?lkerung zu decken. F¨¹r die Massenproduktion werden Unmengen an D¨¹ngemitteln verwendet, die Nitrate freisetzen. Gianetti zufolge ist die N₂O-Belastung durch den Einsatz von D¨¹ngemitteln und andere industrielle Prozesse seither um etwa einen Drittel gestiegen. ?W?hrend sich die meisten Bem¨¹hungen gegen die CO₂-Emissionen richten, muss der Kampf gegen den Klimawandel an mehreren Fronten gef¨¹hrt werden. Mein Augenmerk gilt dabei dem N₂O?, so Gianetti.

?Paradies f¨¹r Nerds?

Letzte Woche nahm Gianetti als Nachwuchswissenschaftler an der 67. Lindauer Nobelpreistr?gertagung teil. Eine seltene und wahrscheinlich einmalige Gelegenheit, um 30 Nobelpreistr?ger (28 von ihnen in seinem Gebiet, der Chemie) zu treffen und von ihnen zu lernen. ?Es ist wie ein Paradies f¨¹r Nerds?, so Gianetti. Als Doktorand ging Gianetti f¨¹nf Jahre lang t?glich an den Fotos von Nobelpreistr?gern wie Mario Jos¨¦ Molina und Richard Schrock vorbei, welche die G?nge des Latimer Building der University of California in Berkeley zierten. ?Sie sind meine Idole, meine Mentoren. Letzte Woche durfte ich sie gemeinsam mit ETH-Nobelpreistr?ger Kurt W¨¹thrich treffen ¨C eine grosse Freude und Ehre f¨¹r mich, aber vor allem inspirierend.?

Gianetti, der an der C?te d¡¯Azur vor den Toren Marseilles aufwuchs, ist Sohn italienischer Einwanderer. Als Kind fiel er zwar mit seinem unabl?ssigen Interesse auf, den Dingen auf den Grund zu gehen. Seine Leidenschaft f¨¹r die Wissenschaft machte sich jedoch erst viel sp?ter als bei anderen Forschern bemerkbar, die eine akademische Laufbahn einschlagen. Als Gymnasiast, sagte er, bereitete ihm die Chemie gar Probleme.

Hartn?ckig zum Ziel

Als Student in Lyon entdeckte Gianetti seine Leidenschaft. ?Ich erinnere mich genau an den Moment im Labor, als ich mein erstes Gramm Paracetamol herstellte, ein Kopfschmerzmittel. Es handelte sich um eine einfache Synthese, aber f¨¹r mich war es ein Erfolgserlebnis, das mich sofort dazu bewog, Chemiker zu werden und Wirkstoffe herzustellen, die den Menschen helfen?

Zun?chst wollte Gianetti Chemieingenieur werden, aber bei einem Praktikum in Grossbritannien kam er zum Schluss, dass ihn das ?Wie? und ?Warum? der Grundlagenforschung mehr interessierte als die Forschung zu Industrieanwendungen. Als erstes Mitglied seiner Familie, das eine h?here Bildung anstrebte, betrat mit einer akademischen Karriere Neuland. Er bewarb sich bei den zehn f¨¹hrenden Universit?ten der USA und wurde zun?chst abgelehnt. Aber er liess sich nicht beirren, bewarb sich weiter erhielt schliesslich eine Zusage von T. Don Tilley von der UC Berkeley. Daraus wiederum ergab sich Gianettis Doktorarbeit bei John Arnold und Robert Bergman an derselben Universit?t.

Ermutigt vom Umfeld

Gianetti weist darauf hin, dass andere viel zu seinem Erfolg beigetragen haben: ?Erfolge geh?ren einem nie allein. Ich bin dankbar f¨¹r die Unterst¨¹tzung durch Menschen wie Professor Christophe Cop¨¦ret von der ETH Z¨¹rich, den ich w?hrend meines Studiums in Lyon kennenlernte.? Der gute Ruf der ETH Z¨¹rich und die Bekanntschaft mit Cop¨¦ret brachten Gianetti schliesslich dazu, sich als Post-Doc bei Professor Hansj?rg Gr¨¹tzmacher mit ?gr¨¹ner Chemie? zu besch?ftigen.

Gianetti verbindet seinen Erfolg auch mit seinem Umfeld. Wenn er ¨¹ber seine Familie spricht, werden seine s¨¹dl?ndischen Wurzeln deutlich: ?Ohne die Liebe und Unterst¨¹tzung meiner Frau und die Ermutigung durch meine Familie w?re ich heute nicht da, wo ich jetzt stehe. Ich habe zwei Kinder, und es ist mir wichtig, was ich ihnen und meinen Enkelkindern hinterlasse. Als Chemiker sehe ich mich in der Verantwortung, etwas zu ver?ndern.?